Mittwoch, 16. Juli 2014

Schnittmuster von 1959 + 90er Jahre Stoff + Neonakzente = Maker Faire Kleid

Dieses Jahr fand bereits zum zweiten Mal die Maker Faire in Hannover statt. Eine Messe für alle Tüftler, Schrauber,  Erfinder und DIYer jedweden Alters. Ich bin so froh, dass es die mittlerweile  dank dem Heise Zeitschriften Verlages auch in Deutschland gibt, denn jahrelang hab ich immer wehmütig die Fotos von den Messen in den USA betrachtet und konnte dann zum Trost nur im Make Magazine blättern.
Da ich im letzten Jahr wegen eines Bandauftrittes dann nicht dabei sein konnte, habe ich mir dieses Jahr extra früh den Termin eingetragen, außerdem kam mir die Terminverlegung auf Anfang Juli extrem gelegen.

Da ich nur als Besucher da war, wollte ich aber trotzdem gerne etwas für Messe selber machen. Schließlich geht es genau darum. Da meine Arduino Kenntnisse aber nach wie vor quasi nicht vorhanden sind und meine Nähkenntnisse dafür um so besser, wagte ich mich an ein etwas anderes verrücktes Projekt, welches ich auch im Schwarz-Grünen Forum als WiP (Work in Progress) dokumentiert habe. Daher gibt es diesmal auch wieder viele Fotos von den ganzen Arbeitsschritten.

Alles fing damit an, dass ich von meiner Mutter vor einiger Zeit zwei alte Burdas von 1959 geschenkt bekommen habe, noch komplett vollständig mit Schnittmustern. Seitdem habe ich mir vorgenommen, daraus muss ich unbedingt einmal ein Kleid nachnähen. Das war doch eine schöne Herausforderung und ich entschied mich für ein einfaches Sommerkleid, das bei den "einfachen Waschkleidern" in der Juliausgabe zu finden war:


Mein Favourit


Die 50er liebe ich total vom Stil, aber das hätte alleine ja nichts mit einer Maker Faire zu tun. Da ich aber vor einiger Zeit einen Ballen eines seltsamen Computerteile-Roboter-Stoffes auf dem Flohmarkt erworben habe, der wahrscheinlich aus den 90ern stammt, war natürlich klar woraus das Kleid bestehen musste. Was passt besser als dieser Stoff? Auch wenn ich zugeben muss, schön ist was anderes, aber der ist trotzdem irgendwie verrückt und ausgefallen und definitiv nerdig. Außerdem muss ich irgendwie an Helferlein von Daniel Düsentrieb denken bei den Robotern:

Mit Wäscheklammer für den Größenvergleich.


Jetzt kommt der Punkt an dem ich gestehen muss, ja ich liebe Neonakzente. Ich bin in den 80ern geboren, aber meine Teenagerzeit war in den 90ern, das muss da irgendwie hängen geblieben sein. Außerdem hab ich ein paar heißgeliebte hochwertige Neon-Flipflops, also war klar, etwas Neon muss da auch noch irgendwie eingebaut werden. Da das Schnittmuster eine Verzierung mit Zackenlitze vorsah, hab ich dies einfach kurzerhand in Neonpaspel umgetauscht.
Außerdem wollte ich den Stoff noch mit einem schlichten grauen Stoff kombinieren, damit noch ein wenig Kontrast da ist. Also bin ich dann erstmal in meinem Lieblings-Stoffladen einkaufen gegangen, hier ein kleines Gruppenfoto meiner Materialien:

Neonpaspel rockt!
Dann ging es ans abpausen, nachdem ich das Schnittmuster selber erstmal plattbügeln und ewig nach dem richtigen Schnitt darauf suchen musste. Mein erster Versuch war mit Mülltüten, die kleben schön statisch am Papier und man kann einfach mit einem permanenten Marker drauf malen. Für ein Probeteil hat es gereicht, dann wurde aber schnell klar, der Schnitt muss angepasst werden:

Schnittmusterlinienkuddelmuddel


Damals waren die Burdaschnitte sowieso immer nur für eine Größe und laut den Maßen war es mir von vorneherein eine Nummer zu klein, also hatte ich das schon erwartet. Hinzu kommt, dass ich recht groß bin, vor allem im Vergleich zu damals, und so die Taille etwas tiefer sitzen muss meiner Logik nach.
Da mir das Gemale auf Mülltüten etwas zu anstregend war, hab ich das Schnittmuster deshalb ein zweites Mal durchgepaust, diesmal auf Architektenpapier, und dann versucht es anzupassen. Mehr Weite in die Brust, Taille etwas Tiefer und an den Seiten auch breiter:


Dafür, dass ich da keine Übung drinnen habe und auch nicht viel Ahnung vom Schnittändern und Vergrößern, klappte es bei diesem Schnitt erstaunlich gut. Auf ein weiteres Probeteil verzichtete ich, damit ich überhaupt noch rechtzeitig fertig würde. Und ich konnte dann endlich anfangen das obere Teil zuzuschneiden und zusammen zu nähen. Paspeln annähen war für mich auch eine Premiere, ich hatte aber Hilfe von einer Videoanleitung:




Nach dem Zusammennähen stellte ich fest, dass mir der Übergang unter dem Arm nicht gefiel, weshalb ich da die Nähte nochmal auftrennte und dort ebenfalls eine Paspel einsetzte (ab da hatte mich wohl die Paspelsucht):


Da die Anleitung für mich etwas kryptisch und zu unausführlich war, verschob ich das Versäumen von Armlöchern und Ausschnitt auf später und widmte mich erstmal dem Rockteil. Der ist im Prinzip nur ein langes in Falten gelegtes Rechteck, was eine elende Geduldsarbeit war, zumal ich die Falten dann auch von Hand einmal mit Nadel und Faden fixierte, weil es mir sicherer erschien:

Mehr Anleitung gab es nicht

Falten, Falten. Falten
Dann wurde der Rockteil hinten bis auf 20cm geschlossen, da dort noch der Reißverschluss rein sollte, und an das Oberteil genäht. Am Oberteil hatte ich die Taillenhöhe zwischenzeitlich noch etwas gekürzt, weil ich beim Schnittmuster ändern doch etwas zuviel zugegeben hatte. Dann kam das Schlimmste, DAS wovor ich die ganze Zeit schon echt Bammel hatte. Einen nahtverdeckten Reißverschluss einzunähen. Ich habe nur einen normalen Nähmaschinenfuss, keinen speziellen für solche Reißverschlüsse. Und ausser an einem einfachen Rock mit vieleHilfe und vor allem schon Jahre her, hatte ich das noch nie gemacht. Glücklicherweise fand ich bei Sew'n'Sushi eine tolle Anleitung dafür. Aber da ich es in einem Rutsch machte und Angst hatte zwischendurch zu stoppen, gibt es keine Beweis-Fotos davon, aber eine erste Anprobe danach:

Noch ungebüglt, aber man sieht, die Stoffe passen oben zusammen, YEAH!
Danach ging es an das Versäubern aller offenen Kanten, das war hauptsächlich ätzend aber nicht mehr so nervenbelastend wie der Reißverschluss. Der Rockrand bekam noch ein Neonsatinband und der Halsausschnitt eine Neonpaspel. Die Ärmel wurden mit einem Schrägstreifen des Computerstoffes verstürzt, wie in der Anleitung vorgesehen. Sollte ich den Schnitt allerdings nochmal nähen, würde ich es eher komplett füttern, da dieser Schrägstreifen und der Halsbeleg zu leicht rausklappen können. Ich hab es schon innen von Hand an allen möglichen Stellen unsichtbar fixiert, das reicht aber leider noch nicht. Erste Anprobe mit dem fertigen Kleid und erstmal einem schlichten weißen Ledergürtel.

Erste richtige Anprobe
Da ich zwischendurch immer mal wieder eine Pause vom Kleid brauchte oder es schlichtweg zu spät zum Nähen war, habe ich dann an den Accessoires gebastelt. Die kommen jetzt einmal gesammelt, auch wenn nicht chronologisch.

Natürlich brauchte ich passenden Schmuck, genug Schmuckteile zum verbasteln hatte ich noch zuhause, u.a. kleine Roboter und noch viel von den SciFi-Orden, die ich letztes Jahr gemacht hatte.
Also wurde erstmal probehalber gelegt bis ich zufrieden war, dann hab ich mit dem Dremel in die Flügel Löcher gebohrt für die Ketten-Aufhängung und alle silbernen Teile noch mit Satin-Varnish lackiert, damit sie nicht so unnatürlich glänzen. Später wurde schlussendlich alles mit 2-Komponentenkleber geklebt, was geklebt werden musste und die Ketten daran befestigt. Weil ich sowieso am kleben war, hab ich gleich noch mehr gemacht, als ich eigentlich brauchte, z.B. der Saturnanhänger.

Testweise gelegt

Einmal satinieren bitte!

Die fertige Kette

Haarpin, Brosche und Saturn-Kettenanhänger
Ausserdem brauchte ich noch eine Tasche, die ich extra während des Kleidnähens anfing, damit sie noch rechtzeitig fertig wird. Es handelt sich in der Grundidee um die Greteliestasche, ich habe jedoch ein eigenes Schnittmuster von der Größe her erstellt  und mich bei den Falten an dieser Tasche orientiert. Natürlich durfte auch hier keine Neonpaspel fehlen und einen Verschluss brauchte ich auch, da bin ich paranoid:



Inspiriert vom Taschengurt habe ich dann noch einen einfachen Gürtel gewerkelt. Da ich auf Ösen einschlagen keine große Lust hatte und einen etwas ungewöhnlichen Verschluss noch hier hatte, wurde da gnadenlos improvisiert. Ausserdem hab ich eine abgebrochene Haarforke noch im Dip-Dye Stil mit Neonacrylfarbe bemalt, nachdem ich sie an der Bruchstelle abgeschliffen habe.



So, das war es mit dem ganzen Gebastel und Genähe und jetzt gibt es endlich Bilder mit dem Endprodukt zum anschauen. Von der Maker Faire selber gibt es nur Handyschnappschüsse, daher habe ich heute nochmal versucht zuhause welche zu machen. Leider hatte ich für die Maker Faire auch nur einen sehr wuscheligen Rock als Petticoatersatz, gestern kam endlich mein richtiger Petticoat an, den ich günstig gebraucht erstanden habe. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied.

Im Maker Faire Aussenbereich

Haarforke und Haarpin in Aktion

Und dann einmal noch fix heute zuhause fotografiert mit Petticoat *bausch* *bausch*, dafür gänzlich ohne MakeUp (aber da bin ich eh eine Niete). Leider hatte ich zwischendurch Kameraprobleme, aber ich denke man kann das Kleid trotzdem gut erkennen:

Einmal in der Wohnung...

...einmal auf dem sonnigen Balkon
So, das war es dann mit diesem sehr bilderlastigen langen Post. Mir hat es einen Riesen-Spaß gemacht so auf der Maker Faire herumzulaufen. Auch wenn kaum jemandem aufgefallen ist, was da eigentlich auf dem Kleid zu sehen war, habe ich doch ein paar Komplimente bekommen. Und das Kleid wird ja auch ohne Maker Faire weiter ausgeführt werden, solange es das Wetter zulässt.

Und als kleiner Zusatz hier eine kleine Linkliste von Ideen und Sachen, die mich auf der Maker Faire besonders begeistert haben:

Shellmo - eine Open-Source Plattform für Roboter-Haustiere zum selber bauen mit Arduino und 3D-Drucker

AYAB - Hacking von Brother Strickmaschinen

Robotiklabor - DER deutsche Roboter-Podcast für alle Selberbauer

IFIXIT - Kostenlose Reparaturanleitungen für fast alles (hat mich vor einigen Jahren schonmal echt gerettet!)

Die musikalischen Tesla-Spulen (Video auf YT)

Donnerstag, 10. Juli 2014

Regenbogen vs. Flex

Heute war ich zum Zuhause bleiben verdammt, da meine Vermieter das alte durchgerostete Balkongitter erneuern wollten. Da ich sie nicht nur reinlassen wollte und dann verschwinden, bin ich auch die ganze Zeit da geblieben um zumindest gelegentlich mal nach dem Rechten zu sehen.

Aber um mich in der Zwischenzeit nicht zu langweilen und mich etwas von Flex, Schlagbohrer und Co. abzulenken, habe ich endlich den langgehegten Plan umgesetzt Wimpelketten zu nähen. Die finde ich einerseits praktisch, weil man immer wiederverwendbare Deko für Parties hat, zum anderen hab ich sie extra so geplant, dass sie auch durchaus LARP-tauglich sind. So dürfen sie dieses Jahr auch die Bardengilde auf dem Mythodea-Con zieren. Und was passt da natürlich besser als quietschbunt?

Da Geld wie immer knapp ist und ich eh noch soviele Stoffe habe, hab ich mich erstmal durch meine Stoffsammlung gewühlt und bin mehr als fündig geworden. Sogar einige kleine Stoffreste habe ich dabei aufbrauchen können. Eine eigene Schablone hatte ich vor kurzem bereits erstellt. Da gibt es zwar auch viele fertige im Internet, aber im Prinzip ist es ja doch nichts anderes als ein spitzes Dreieck und ich wollte genau die Höhe von 14 cm um einen bestimmten Stoffstreifen nutzen zu können.

Dann ging es ans aufzeichnen und ausschneiden, einige Stoffe waren so zerknittert, dass ich sie sogar erstmal bügeln musste. Einige Zeit später sah es dann so aus auf dem Bügelbrett:



Zuerst wurden zwei Seiten einfach zugenäht und das ganze umgekrempelt, die Wimpelspitzen noch etwas mit einem Pinselstiel ausgeformt und dann alles flach gebügelt:



Dann kam der Moment in dem mir auffiel, dass ich nicht mehr genug Schrägband zuhause habe, aber glücklicherweise noch rechtzeitig bevor der Nähladen in der Nähe seine Tore schloss. Ursprünglich wollte ich so ein hellbeiges dafür nehmen, im Laden gefiel mir dann ein hellgraues aber noch viel besser, also 8 Meter gekauft und wieder ab nach Hause und angefangen zu nähen:


 Die Wimpel habe ich vorher bereits in die richtige Reihenfolge gebracht, so konnte ich immer den obersten vom Stapel nehmen, zwischen das Schrägband schieben und dann weiter absteppen. Stecknadeln braucht man eigentlich keine. Ursprünglich wollte ich eine lange Kette machen, aber ich hab mich dann doch für drei kurze Stücke entschieden, da es so viel Variabler ist und zusammenknoten geht ja trotzdem noch.

Und jetzt einmal die Bilderflut der drei fertigen Wimpelketten, was man jetzt nicht sieht, ist, dass die alle ganz minimal unterschiedlich bestückt sind. Das liegt nicht nur daran, dass ich auch kleine Reste verwendet habe, sondern auch, weil ich es einfach netter fand. Einmal zusammengefaltet auf dem Tisch:




 Und einmal eine auf dem Balkon vor dem immer noch nicht komplett fertig angebrachten Balkongitter (fragt lieber nicht..):




Ursprünglich sollten die übrigens einfach nur wirr bunt werden, aber Regenbogen fand ich dann doch am visuell schönsten, nachdem sich herausstellte, dass meine Stoffsammlung das hergab.
Und es war so angenehm mal wieder etwas ganz einfaches nähen zu können ohne lange drüber nachdenken zu müssen. Das bleiben sicherlich nicht die letzten Wimpelketten, ich hab eh noch nicht alle Wimpel dafür aufgebraucht.

Und wenn demnächst mein Petticoat ankommt (günstig gebraucht, da war ich zu faul zum selbernähen, ich geb es zu), kann ich nochmal von meinem gerade genähten modernen 1959 Maker Faire Kleid Fotos zeigen. Im schwarz-grünen Forum habe ich ein WiP dafür gemacht, aber im Blog wird es natürlich auch nochmal präsentiert.